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Portal Grundsteuerreform

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Urteil vom 10. April 2018 die Verfassungswidrigkeit der Grundsteuer zugrunde liegenden, veralteten Einheitswerte festgestellt und dem Gesetzgeber bis Ende 2019 Zeit gegeben eine Neuregelung zu schaffen.

Ausschlaggebend für das Urteil waren die steuerlichen Ungleichbehandlungen von Grundvermögen aufgrund über einen langen Zeitraum nicht durchgeführter Aktualisierungen der Besteuerungsgrundlagen.

Der Gesetzgeber ist mit dem Ende 2019 verabschiedeten, sogenannten Bundesmodell der Forderung des BVerfG nachgekommen, welches bundesweit gilt, sofern ein Land nicht von der Möglichkeit Gebrauch macht, eine Öffnungsklausel zu nutzen und ein eigenes Grundsteuermodell zu beschließen. Das neue Grundsteuerrecht findet ab dem 1. Januar 2025 Anwendung.

Die Grundsteuer ist eine Objektsteuer und knüpft an den vorhandenen Grundbesitz an. Sie wird in drei verschiedene Kategorien unterteilt:

1. Die sogenannte Grundsteuer A:
Unter die Grundsteuer A fallen alle Betriebe der Land- und Forstwirtschaft.

2. Die sogenannte Grundsteuer B:
Unter die Grundsteuer B fallen sowohl bebaute als auch unbebaute Grundstücke, die nicht der Land- und Forstwirtschaft dienen. Sie werden als Grundvermögen bezeichnet. Darunter fallen:

  • Unbebaute Grundstücke
  • Einfamilienhäuser
  • Zweifamilienhäuser
  • Wohnungseigentum, also insbesondere die „Eigentumswohnung“

oder

  • Teileigentum
  • Mietwohngrundstücke
  • Geschäftsgrundstücke
  • Gemischt genutzte Grundstücke
  • Sonstige bebaute Grundstücke

3. Die sogenannte Grundsteuer C:
Mit der Grundsteuer C können Städte und Gemeinden unbebaute baureife Grundstücke durch einen gesonderten kommunalen Hebesatz höher belasten. Einzelne Ländermodelle schließen die Grundsteuer C aus.

Die Grundsteuer C ist mit dem Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung baureifer Grundstücke für die Bebauung neu eingeführt worden.

Die Grundsteuer wird in der Regel vierteljährig fällig und ist an die jeweilige Gemeinde zu zahlen, in der sich das Grundstück befindet.

Der Eigentümer des Grundstücks ist der Steuerschuldner. Bei Eigentumswohnungen ist ebenso der einzelne Eigentümer zuständig, nicht der WEG-Verwalter.

Da die Steuerschuld aber auch auf Mieterinnen und Mieter umgelegt werden darf, vorbehaltlich abweichender Regelungen im Mietvertrag, ist praktisch jeder von uns direkt oder indirekt betroffen.

Die neu berechnete Grundsteuer wird zwar erst ab dem Jahr 2025 zu zahlen sein, aber für die Grundinformationen für die Berechnung verlangt die Finanzverwaltung bereits jetzt mit Fristsetzung im laufenden Jahr umfangreiche Informationen.

Zum Stichtag 1. Januar 2022 sind für alle wirtschaftlichen Einheiten des Grundbesitzes auf der Grundlage des reformierten Grundsteuer- und Bewertungsrechts Grundsteuerwerte gesondert festzustellen (Hauptfeststellung).

Zur Durchführung dieser – ersten – Hauptfeststellung der Grundsteuerwerte ist durch die Steuerpflichtigen ab dem 1. Juli 2022 eine Feststellungserklärung nach amtlich vorgeschriebenen Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Die Berechnung der neuen Grundsteuer erfolgt zukünftig in drei Schritten auf der Grundlage des Grundbesitzwerts, dem Ausgleich von Wertsteigerungen und der Anpassung von individuellen Hebesätzen durch die Kommunen. Bei der elektronisch abzugebenden Feststellungserklärung der „neuen“ Grundsteuer sind wir Ihnen dann gerne behilflich.

Steuerpflichtige werden in der Regel nicht direkt zur Abgabe einer Steuererklärung aufgefordert. Vielmehr wird die Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung durch eine öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

Sie erhalten jetzt voraussichtlich im ersten Quartal von Ihrer Kommune den jährlichen Grundsteuerbescheid. Dieser setzt Ihre aktuell gültige Grundsteuer fest. Bewahren Sie diesen Bescheid auf, damit Sie die Daten (z. B. das Aktenzeichen) zur Erstellung Ihrer Feststellungserklärung in wenigen Monaten griffbereit haben.

Ab Mai erhalten Sie, je nach Bundesland, von der Finanzverwaltung ein individuelles Informationsschreiben mit Daten, die der Finanzverwaltung vorliegen und die Sie für die Erstellung der Feststellungserklärung benötigen.

Aufgrund des relativ engen Zeitraums für die Vorbereitung und mit Rücksicht auf die aktuelle durch Corona bedingte Aufgabenbelastung ergibt es Sinn, die erforderlichen Basisdaten frühzeitig zu ermitteln.

Was können Sie bis dahin bereits vorbereiten?

Im Wesentlichen müssen für jedes Objekt folgende Angaben gemacht werden:

  • Lage des Grundstücks
    (einschl. Gemarkung und Flurstück)
  • Grundstücksfläche
  • Bodenrichtwert
  • Grundstücks- bzw. Gebäudeart
  • Wohn- und Nutzfläche
  • Brutto-Grundfläche
  • Baujahr

Wo finden Sie als Grundstückseigentümer:in die wichtigsten Daten?

  • Einheitswertbescheide aus früheren Jahren
  • Flurkarte
  • Grundbuchauszug
  • Erbschein
  • Notarurkunde

Bodenrichtwerte finden Sie auf der Webseite bodenrichtwerte-boris.de. "BORIS-D" ist ein Gemeinschaftsprojekt mehrerer Bundesländer. Projektziel ist es, Bodenrichtwerte der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte länderübergreifend einheitlich, webbasiert und leicht zugänglich für die breite Öffentlichkeit bereitzustellen.

Dort finden Sie unter Eingabe Ihrer Grundstücksadresse amtliche Auskünfte über Ihre Bodenrichtwerte. Die Zeit bis zum 1. Juli 2022 sollten Sie unbedingt nutzen, um sich mit Ihrem Steuerberater abzustimmen, denn vom 1. Juli bis zum 31. Oktober 2022 müssen die Feststellungserklärungen digital bei Ihrem zuständigen Finanzamt eingereicht werden.

Bis zum Ende des Jahres 2024 berechnen und erheben die Kommunen die Grundsteuer weiterhin wie bisher. Erst ab dem 1. Januar 2025 ist dann der neu festzustellende Grundsteuerwert maßgeblich.

Bund und Länder konnten sich, wie so oft, nicht auf ein gemeinsames Verfahren einigen, was – wie in anderen Fällen auch – unserer föderalen Demokratie geschuldet ist. Die meisten Länder übernehmen das Bundesmodell.

Grundbesitzwert x Steuermesszahl x Hebesatz lautet vereinfacht die Berechnungsmethode. Diese hat es aber in sich!

Wertermittlung
In die Wertermittlung fallen folgende Faktoren ein:
der Wert des Bodens (Bodenrichtwert) und die Höhe der statistisch ermittelten Nettokaltmiete, die u. a. von der sogenannten Mietniveaustufe der jeweiligen Gemeinde abhängt (je höher die Mietniveaustufe, desto höher ist tendenziell die Miete in einer Gemeinde).

Für Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum wird der Mietwert anhand einer fiktiven Nettokaltmiete in Abhängigkeit der Lage des Grundstücks typisierend angenommen. Bei der Berechnung werden die Grundstücksfläche, Immobilienart und das Alter des Gebäudes herangezogen.

Die Einordnung der Gemeinden in Mietniveaustufen wird vom Bundesfinanzministerium auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes über die Durchschnittsmieten in allen 16 Bundesländern erfolgen.

In 15 von 16 Bundesländern sind die Einzelfaktoren über das sogenannten System "BORIS-D" bereits einsehbar.
bodenrichtwerte-boris.de

Steuermesszahl
Für die Ermittlung der Grundsteuer wurden aktuell bisher Einheitswerte aus den Jahren 1935 bzw. 1964 herangezogen, die natürlich nicht mehr mit aktuellen Immobilienwerten im Einklang stehen. Damit die Höhe der Grundsteuer zukünftig durch die zu aktualisierenden Werte aber nicht durch die Decke schießt, wird die Steuermesszahl von 0,35 % auf 0,034 % gesenkt.

Außerdem soll der soziale Wohnungsbau sowie kommunales und genossenschaftliches Wohnen weiter, auch über die Grundsteuer, gefördert werden. Deshalb wird für Gesellschaften, die günstiges Wohnen möglich machen, ein zusätzlicher Abschlag bei der Steuermesszahl um 25 % vorgesehen, der sich steuermindernd auswirkt.

Hebesatz
Das politische Versprechen für die Bürger besteht darin, dass möglichst keiner mehr bezahlen muss, als vorher. Andererseits wollen die Gemeinden nicht auf ihr bestehendes Grundsteueraufkommen verzichten. Deshalb ist damit zu rechnen, dass die Kommunen ihre Hebesätze entsprechend so anpassen, dass sie insgesamt nicht mehr Grundsteuer und nicht weniger einnimmt, als vor der Reform.

Neue Spielräume beim Hebesatz bieten sich zukünftig bei baureifen, aber unbebauten Grundstücken. Hier werden höhere Hebesätze festgelegt werden, um der Bodenspekulation Einhalt zu gebieten und Anreize zur Schaffung von Wohnraum anzuregen.

Während sich die Berechnung der Grundsteuer bei Wohngrundstücken nach dem oben genannten Ertragswertverfahren richtet, werden Geschäftsgrundstücke nach einem vereinfachten Sachwertverfahren berechnet werden, das für die Wertermittlung auf die gewöhnlichen Herstellungskosten für die jeweilige Gebäudeart und den Bodenrichtwert abstellt.

Wie die Eigentümer von Wohngrundstücken, müssen auch die Immobilieneigentümer ab Mitte 2022 eine Grundsteuererklärung abgeben.

Dabei ist eine große Anzahl von immobilienspezifischen Daten anzugeben, z. B. Herstellungskosten, Umrechnungskoeffizienten oder Vervielfältiger. Dazu müssen Daten wie Grundbuchauszüge und Grundstückspläne aufbereitet werden.

Das Finanzministerium in NRW kündigt hilfreiche Zusammenstellungen der in den Katasterämtern und bei den Gutachterausschüssen verfügbaren Daten auf einer dafür besonders weiterentwickelten und auf die Anforderungen der Grundsteuererklärung speziell angepassten Online-Plattform an.

Wir helfen Ihnen persönlich bei Fragen und Problemen.

Die Pflicht zur Abgabe einer Feststellungserklärung gilt selbstverständlich auch für Eigentümer eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft bzw. von Flächen, die land- und forstwirtschaftlich genutzt werden.

Für Gebäude, die Wohnzwecken dienen oder Gebäudeteile, die nicht der Land- und Forstwirtschaft zuzuordnen sind, wie beispielsweise ein gewerblicher Hofladen, werden nicht mehr als land- und forstwirtschaftliches Vermögen bewertet, sondern dem Grundvermögen zugeordnet. Für diese Gebäude und Gebäudeteile müssen gesonderte Erklärungen zur Feststellung des Grundsteuerwerts eingereicht werden.

Neben dem beschriebenen Bundesmodell zur Berechnung der Grundsteuer, hat der Gesetzgeber Öffnungsklauseln und damit individuelle Berechnungsmethoden zugelassen. Für die Berechnung der Grundsteuer für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft übernehmen, abgesehen von geringfügigen punktuellen Abweichungen, alle Länder die bundesgesetzlichen Regelungen.

Bei allen anderen Grundstücken halten sich neun Länder an das Bundesmodell. Sachsen und das Saarland übernehmen das bundesgesetzliche Bewertungsmodell, haben aber abweichende Steuermesszahlen normiert.

Die Länder Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen verfolgen ein wertunabhängiges Flächenberechnungsmodell. Das beschränkt sich im Wesentlichen auf die Erfassung der Grundstücks- und Gebäudeflächen sowie der Nutzung der Gebäudeflächen zum Wohnen oder Nichtwohnen. In einigen Ländern werden zusätzlich lageabhängige Kriterien berücksichtigt.

Immobilienmakler muss von riskanten Geschäften abraten
Ein Immobilienmakler hat die Pflicht, seinen Auftraggeber vor möglichen Risiken beim Grundstücksgeschäft zu warnen.

Vieles wird sich im Laufe der Reform noch verändern. Vor allem werden Bewertungsfragen die Gerichte bewegen und entsprechende Urteile in die gesamte Grundsteuerreform einfließen. Dazu hier nützliche Links zur weiteren Information.

Bundesfinanzministerium
Überblick zur Grundsteuerreform...

Steuerchatbot
Die Umsetzung der Reform in den einzelnen Bundesländern...

Grundsteuer
Berechnungsbeispiele...

Gesetze und Rechtsprechung ändern sich fortlaufend. Nutzen Sie deshalb unsere Briefe zur Information. Bitte denken Sie aber daran, dass Sie vor Ihren Entscheidungen grundsätzlich unsere Beratung in Anspruch nehmen, weil wir sonst keine Verantwortung übernehmen können.